FU Bonn - Festveranstaltung 75 Jahre Grundgesetz

01.03.2024

„Männer und Frauen sind gleichberechtigt‘ - Wirklich?“
Festveranstaltung zu 75 Jahre Frauen Union und 75 Jahre Grundgesetz hinterfragt Stand der Gleichstellung in Deutschland

Bonn, 24. Februar 2024. Mehr als 150 Gäste kamen am Samstag im Museum Koenig zu einer Festveranstaltung zusammen, zu der die Frauen Union Bonn eingeladen hatte unter dem Motto „75 Jahre Grundgesetz Artikel 3 Absatz 2 ‚Männer und Frauen sind gleichberechtigt‘ - Wirklich?“. Im historischen Hörsaal, in dem 1949 die ersten Parlamentarier der jungen Bundesrepublik tagten, folgten sie einem dichten Programm von Vorträgen prominenter Rednerinnen und Redner aus Politik und Gesellschaft. Sie alle widmeten sich der Frage, wie es aktuell mit der Gleichstellung der Geschlechter aussieht.

In ihrer Begrüßung betonte die Vorsitzende der Frauen Union Bonn, Irene Kuron, kritisch die noch immer deutlichen Mängel bei der Umsetzung der Gleichstellung von Männern und Frauen, z.B. in der politischen Teilhabe sowie bei der Verdienstgleichheit. Frauen stellen mehr als die Hälfte der Bevölkerung, aber bei der politischen Vertretung in den Parlamenten sind sie eine Minderheit. Im Bundestag gibt es derzeit 35,7 % weibliche Abgeordnete, in den Landtagen liegt der Frauenanteil bei rund 34 %. In kommunalen Vertretungen liegen die Frauenanteile zwischen  20 und 40 %, bei Bürgermeisterinnen sind es 9 %. Bei der Teilhabe am wirtschaftlichen Leben sieht es nicht besser aus. „Geringere Verdienste und Teilzeit führen dazu, dass Frauen deutlich niedrigere Renteneinkünfte haben als Männer – der prozentuale Abstand beträgt ganze 60 %,“ so die Wirtschaftswissenschaftlerin. Ihr Fazit: „Diese ernüchternden Zahlen zeigen uns: Da ist noch einiges zu erledigen.“

Bundestagsvizepräsidentin Yvonne Magwas und die Vorsitzende der Frauen Union Deutschland, Annette Widmann-Mauz, beleuchteten die Entstehungsgeschichte des sog. Gleichheits-Artikels und betonten die Wichtigkeit dieser demokratischen Basis und die Beteiligung von Frauen an Staat und Gesellschaft.

"Die Verankerung der Gleichberechtigung im Grundgesetz 1949 war eine Sternstunde in der Geschichte der Bundesrepublik. Wie gerecht eine Gesellschaft ist, bemisst sich auch an der Gleichstellung von Frau und Mann“, betonte Yvonne Magwas. Die Bundestagsvizepräsidentin schlug dann den Bogen zur aktuellen politischen Entwicklung: "Die Demonstrationen in ganz Deutschland gegen Rechtsextremismus sind sehr beeindruckend. Aber auch notwendig: Wenn die Männerpartei AfD an die Macht käme, würden Chauvinismus und Kaltherzigkeit in unserer Gesellschaft salonfähig."

Annette Widmann-Mauz, MdB, ergänzte in ihrer Rede: „‚Nie wieder‘ war eine der Lehren, die die Mütter und Väter des Grundgesetzes 1948 leitete. ‚Nie wieder‘ ist die Aufgabe, die heute vor uns liegt. Unser Grundgesetz ist dafür Kompass und Schutzwall.“
Die Vorsitzende der Frauen Union Deutschland bestärkte diesen Appell mit den Worten: "Wir werden nicht zulassen, dass Frauen, Andersdenkende, Menschen mit Migrationsgeschichte, Jüdinnen und Juden erneut zur Zielscheibe werden. Die Frauen Union stellt sich dieser Aufgabe. Wir werden nicht tatenlos zusehen, wenn unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung untergraben oder abgeschafft werden soll.“

Auch der zweite Jahrestag des kriegerischen Überfalls Russlands auf die Ukraine und was er für die Frauen bedeutet, war Thema der livegestreamten Veranstaltung. Der nordrhein-westfälische Minister für Bundes- und Europaangelegenheiten, Nathanael Liminski, sagte dazu: „Vor zwei Jahren hat Russland seinen brutalen Angriffskrieg gegen die Ukraine begonnen - und führt diesen mit unverminderter Härte und immer größerer Menschenverachtung fort. Wie in allen Kriegen sind Frauen besonders betroffen: Sie werden Opfer von Gräueltaten, sie halten zerrissene Familien zusammen und kämpfen als Soldatinnen an der Front. Wir dürfen und werden in unserer Unterstützung nicht nachlassen.“

Die europapolitische Perspektive ergänzte Axel Voss, der Bonner Abgeordnete im Europäischen Parlament. Das Bonner Saxophon-Ensemble begleitete die Veranstaltung und setzte dabei politische Akzente mit der Musikauswahl.

Am Ende des Nachmittags formulierte Irene Kuron den eindringlichen Wunsch: „Wir müssen alle dazu beitragen, dass Gleichberechtigung in allen Lebensbereichen Normalität wird und die nächsten Frauengenerationen nicht immer wieder die gleichen Hürden überwinden müssen. Wie wäre es, wenn wir z.B. bei den Kommunalwahlen 2025 Parität schaffen würden? Man(n) muss die Frauen nur wählen! So einfach ist das.“